So, nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen J
Die guten Geister einer Ehe
Sie macht die Kühlschranktür
auf, blickt hinein und findet, was sie gesucht hat. Zufrieden greift sie nach
der Milchpackung. Nur um festzustellen, dass sie – schon wieder – leer war. Das
kann ja wohl nicht wahr sein! Wie oft hatte sie ihm das schon gesagt.
„Klauuuusss! Komm mal her, bitte!“ ruft sie durch die Wohnung. Die Zahnbürste
im Mund kommt er auch schon in die Küche geschlurft. „Wasch ischn?“ „Hast du
schon wieder die Milch leer getrunken und die leere Verpackung dann einfach
wieder zurück in den Kühlschrank gestellt?“ Ärgerlich schüttelt sie den
Tetrapack vor seinem Gesicht. In ihm klatschen einsam ein paar letzte
Milchtropfen gegen die Wände. Ein Geräusch, so unnachahmbar und so verräterisch
zugleich. Es war definitiv maximal nur noch ein kleiner Schluck Milch.
„Nein!“, macht
Klaus. „Isch hab die ganschfe Woche noch keine Milsch getwrunken. Dasch
muschfft du fon selbscht gewesen sein.“ Dreht sich um und tapst wieder zurück
ins Bad. Nun wurde sie aber erst richtig wütend. Er konnte doch nicht einfach
sowas behaupten und sich dann der Diskussion entziehen. Die Milchtüte immer
noch in der Hand läuft sie ihm nach. „Neiiin, ICH hab die definitiv nicht leer
gemacht und wieder rein gestellt. Das wäre ja total bescheuert. Warum sollte
ich das denn machen?“ „Ach ja“; kontert er – mittlerweile mit leerem Mund „aber
ich mach so was Bescheuertes schon, oder wie?“ „Ja, das machst du doch immer.
Ständig lässt du überall nur noch einen kleinen Rest drin und stellst es
unauffällig wieder zurück ins Regal.“ schreit sie ihn an. „Ständig!“
„Oh nein,
liebste Anna. Das mache ich nicht“ Gibt er zurück. „Und wo wir schon mal beim
Thema sind. Was passiert eigentlich in der Wäsche mit meinen Socken? Jedes Mal,
wenn du sie wäscht, werden es weniger. Sammelst du sie und stopfst dir damit
ein Kissen aus?“ „Pah, jetzt geht das schon wieder los. Ich weiß auch nicht,
was mit deinen Socken passiert! Ich wasche sie, schmeiße sie in den Trockner
und lege sie zurück in den Schrank. Mehr nicht. Schau doch mal in deiner
Sporttasche nach. Wahrscheinlich bunkerst du sie da drin.“ Wütend fuchtelt sie
mit der Milchtüte in der Luft rum. „Ich hol mir jetzt erst mal neue Milch und
mach mir endlich einen Kaffee.“
Abrupt dreht sie
sich und fällt in der Tür fast über ein kleines, rundliches Geschöpf mit
nacktem Oberkörper. „Iiiiigh! Was ist denn das!“ ruft sie und bleibt
erschrocken stehen. Der Kleine blickt beleidigt zu ihr hoch „Ich bin ein Kobold!“
sagt er trotzig mit einer dünnen Kinderstimme. „Und ich habe euch schon eine
Weile beobachtet.“ fügt er hinzu. „Ihr seid ja wirklich ein langweiliges
Ehepaar. Streitet kaum und seid euch immer einig.“ moserte der kleine Kobold
weiter. „Ewig Mein. Ewig Dein. Ewig Uns“ äffte er jetzt auch noch ihren
Eheschwur nach. „Wie langweilig! Da war die Versuchung einfach zu groß – da
musste ich einfach ein bisschen Chaos stiften.“ Anna und Klaus starren das
kleine Wesen entgeistert an. Wovon spricht es da bloß? Doch langsam begann es
Anna zu dämmern. „Du warst das mit den leeren Milchtüten!“ ruft sie.
„Oh ja, das ist
richtig!“ Der Kleine grinst sie stolz an. „Ich habe die Milch leer getrunken
und wieder zurück gestellt, ich habe die Klopapierrolle leer gemacht und sie einfach
hängen lassen und ich bin es auch, der die Socken versteckt.“ Sprudelte es aus
ihm heraus und er begann ganz hysterisch zu kichern. „Die hängen jetzt alle an
der Hochstromleitung drüben am Feld. Das macht echt was her!“ Nun kugelte er
sich bereits vor lauter Lachen schon auf dem Boden.
Klaus und Anna,
die den kleinen Kobold anfangs noch überrascht und verwundert gemustert haben, erkannten
langsam, was dieser ihnen da gerade gestand. Er war es, der die Socken
versteckt hat. Er war es auch, der die Milch leer wieder in den Kühlschrank
versteckt hat. Er war es wahrscheinlich auch, der die Chipstüten leer aß und
die DVD’s in falschen Hüllen packte… Er war es also, der für ihren Ehekrach in
den letzten Wochen verantwortlich war! Dieser kleine Schuft, der sich nun vor
ihnen auf dem Boden nur so kugelte vor Lachen.
„Du kleines
Biest!“ schreit nun Anna das kleine grüne Wesen an. „Du biestige Kreatur,
meinst wohl du könnest uns was anhaben mit deinen kleinen Scherzen. Aber da
hast du dich gewaltig geirrt“ Da brach das Lachen plötzlich ab und der Kobold
blickt sie schelmisch an. „Oh, ich kann noch mehr! Ich kann auch romantische
Urlaube sabotieren, anhängliche Ex-Partner kreieren und Seitensprünge herauf
beschwören. Ihr solltet mich lieber nicht herausfordern.“ Mit einem Mal sah er
gar nicht mehr niedlich aus, sondern furchteinflößend und unheimlich.
Erschrocken macht Anna – den Kobold nicht aus den Augen lassend - einige
Schritte nach hinten. Bis sie an eine Wand stößt und dort wie gelähmt stehen bleibt.
Klaus aber, ist
eine Idee gekommen. Er schaut seine Frau an, streckt die Hände nach ihr aus und
geht langsam auf sie zu. „Anna, weißt du noch: Wir haben uns geschworen immer
zusammen zu halten. Egal was passiert. In guten, wie in schlechten Tagen.“ Verdattert
blickt Anna ihn an – und reicht ihm langsam ihre Hände. „Ich liebe dich!“ sagt
Klaus „und daran werden auch ein paar verschwundene Socken nichts ändern
können.“ Bei seinem Satz hatte sich ein leichtes Lächeln in ihr Gesicht geschlichen
und ihre Augen zu strahlen begonnen. „Ich liebe dich auch!“ Ihre Stimme war
eher ein Flüstern. Daher drohte sie auch fast in dem Knall, der hinter ihnen,
aus dem Bad drang, unter zu gehen.
Erschrocken
blicken sie sich zu der Stelle um, wo gerade noch der kleine, hinterlistige
Kobold gestanden hatte – sie war leer. Der Kobold war verschwunden. Und mit ihm
auch die Streitereien der letzten Wochen.